Gespräch mit Jörn Oltmann, Stadtrat für Stadtentwicklung und Bauen und stellvertretender Bezirksbürgermeister, über Nachbarschaften, Quartiersmanagement und Klimaschutz.
Herr Oltmann, was sind Ihre Aufgaben als Stadtrat und stellvertretender Bezirksbürgermeister?
Jörn Oltmann: Ich bin einerseits für das Planen und Genehmigen von Bauvorhaben im Bezirk verantwortlich, andererseits aber auch für das Bauen und die Bewirtschaftung der bezirkseigenen Immobilien. Darüber hinaus bin ich zuständig für die sogenannte Organisationseinheit Sozialraumorientierte Planungskoordination, kurz OE SPK genannt. Deren Aufgabe ist es, die Zusammenarbeit der Verwaltungen des Bezirksamtes bei der Entwicklung der insgesamt sieben Bezirksregionen zu organisieren und dabei auch die lokalen Akteurinnen und Akteure mit einzubeziehen. Das Gebiet Germaniagarten ist Teil der Bezirksregion Tempelhof.
Zu den lokalen Akteuren gehört auch das Quartiersmanagement?
Jörn Oltmann: Ja. Das Quartiersmanagement ist im Gegensatz zum OE SPK ein Interventionsinstrument. Das bedeutet, es greift ein, um negative Entwicklungen zu stoppen, Nachbarschaften zu stabilisieren und den sozialen Zusammenhalt im Stadtteil zu stärken. Deshalb sind die Koordination und die Förderstelle auch im Stadtentwicklungsamt angesiedelt. Zuständig dafür ist Frau Lippert.
Nachdem Ende des vergangenen Jahres das Quartiersmanagement im Schöneberger Norden beendet wurde, sind in diesem Jahr die QM-Gebiete Nahariyastraße und Germaniagarten neu hinzugekommen. Mit dem Quartiersmanagement Germaniagarten verbinde ich die Hoffnung, dass wir dort die Nachbarschaften aktivieren und Netzwerke schaffen können, um den Sozialraum noch lebendiger zu gestalten.
Was kann das Quartiersmanagement dabei leisten?
Jörn Oltmann: Soziale und bauliche Missstände in der öffentlichen Infrastruktur beseitigen, neue Angebote schaffen sowie die Bewohnerinnen und Bewohner zu ermutigen, kleine lokale Projekte zu starten. Das gehört für mich zusammen.
Besonders für Menschen mit niedrigen oder mittleren Einkommen müssen Möglichkeiten geschaffen werden, damit sie sich mehr am öffentlichen Leben beteiligen und auch die Angebote des Bezirkes nutzen können. Der Sozialraum Germaniagarten scheint durch seine Insellage etwas abgehängt vom restlichen Bezirk. Ich hoffe, dass wir zusammen mit dem Quartiersmanagement das Gebiet wieder besser mit Tempelhof-Schöneberg verbinden und vernetzen können. Dabei wollen wir auch die Zusammenarbeit mit Neukölln ausbauen.
Welche Probleme müssen angepackt werden?
Jörn Oltmann: Die Mietenentwicklung und das Wohnen sehe ich als wichtigste Berliner Themen an. Gerade im Rahmen des Quartiersmanagements ist das noch mal von besonderer Bedeutung. Wir werden uns das Wohnumfeld genauer ansehen müssen, insbesondere die Grünanlagen und weitere Plätze, um herauszufinden, was wir dort verbessern können. Die ersten Recherchen des QM lassen erkennen, dass es ein Müllproblem gibt. Wenn es gelingt, die Nachbarschaften zu aktivieren, können wir die Wohnumgebung nachhaltig verbessern.
Dazu gehören aber auch Freizeit- oder Kulturangebote. Sie müssen entweder neu geschaffen oder vorhandene ausgebaut werden. Der Nachbarschaftstreff spielt dabei eine große Rolle. Oder das Theaterprojekt mit den örtlichen Kitas, dass jetzt als Starterprojekt in die Förderung kommt. Ich finde es eine ganz hervorragende Idee, die unbedingt weiter gefördert werden sollte.
Auch Klimaschutz ist ein wichtiger Bestandteil der Quartiersarbeit.
Jörn Oltmann: Natürlich. Wenn man sich die Prognosen ansieht, könnte Berlin eine der heißesten Städte in Deutschland werden. Wir sind gut beraten, entsprechende Maßnahmen zu ergreifen. Dazu gehört die Entsiegelung von Flächen, damit Regenwasser versickern kann. Ab dem 1. Januar 2023 gibt es eine Solarpflicht in Berlin. Ich hoffe sehr, dass das auch Gebäuden im Gebiet Germaniagarten zugutekommt. Das Quartiersmanagement kann dabei Impulse setzen. Wir müssen uns aber auch darauf verlassen können, dass diese bei den Eigentümerinnen und Eigentümern Investitionen nach sich ziehen, damit wir zu einer Win-Win-Situation kommen.
Ein weiterer Aspekt ist die breite Information über Klimapolitik, angefangen bei Mit-mach-Projekten mit Kindern und Jugendlichen bis hin zu den Eltern.
Wie wichtig sind dabei die Nachbarschaften?
Jörn Oltmann: Sehr. Auch die Akteurinnen und Akteure vor Ort sind von immenser Bedeutung. Wohnungsunternehmen spielen eine große Rolle, aber auch Einrichtungen wie die Marianne-Cohn-Schule. Wir wollen und werden mit allen in verschiedenen Gremien zusammenarbeiten. In diesem Zusammenhang kommt dem Quartiersrat als Interessenvertretung der Bewohnerinnen und Bewohnern eine wichtige Funktion zu. Er ist sozusagen das Band zwischen ihnen und dem Bezirksamt. Und da es nun ein Quartiersbüro gibt, werden die Menschen sicher noch mehr über die Quartiersarbeit erfahren.
Mit dem Forum Germaniagarten gibt es ein weiteres Gremium für Engagement?
Jörn Oltmann: Ja. Die Auftaktveranstaltung fand am 1. Juni dieses Jahres statt, pandemiebedingt nur digital. Das Forum wird es zweimal im Jahr geben. Zur nächsten Zusammenkunft am 5. Oktober hoffe ich, dass es eine Präsenzveranstaltung wird. Mir ist es ein wichtiges Anliegen, mit den Bewohnerinnen und Bewohnern direkt in Kontakt zu kommen. Das gegenseitige Kennenlernen trägt dazu bei, Vertrauen aufzubauen.
Beim Forum Germaniagarten können die Menschen mit ihren Problemen, egal ob große oder kleine, an uns herantreten. Ebenso sind wir gespannt auf Ideen und Anregungen aus der Bewohnerschaft.
Mir ist wichtig, diese Veranstaltung zu moderieren, damit die Menschen sicher wissen, die Verwaltung interessiert sich für unsere Anliegen. Wir werden diese intensiv verfolgen und über die Ergebnisse öffentlich berichten.
Eines der angesprochenen Themen liegt auch mir am Herzen – das Müllproblem. Wenn es eine nachbarschaftliche Müllsammelaktion geben sollte, bin ich natürlich dabei.
Foto: Laurence Chaperon